Caroline von Grone, Weidenwasser 6, 180 x 122cm, 2019
Aktuelle Ausstellung
MALEREI - GESTUS und FLÄCHE
01. Juni - 30. September 2022
Als Kasimir Malewitsch 1915 das Schwarze Quadrat auf weißem Hintergrund zeigte, konnte er nicht ahnen, dass er damit eine Ikone der abstrakten Malerei und damit den Durchbruch in die abstrakte Kunst schlechthin geschaffen hatte.
Die Avantgarde des 20. Jahrhunderts betrieb in der Folge die Abkehr vom Abbildhaften und mündete nach 1945 zunächst in der Farbflächenmalerei, es entstanden großflächige, homogen gefüllte Farbfelder. Die amerikanischen Colorfieldpainters wie Jules Olitzki, Larry Poones, dann auch Mark Rothko, Barnett Newman und Helen Frankenthaler, auch Ad Reinhardt, in Europa Yves Klein. Die Entwicklungen Abstrakter Expressionismus, Action Painting, Analytische und Essentielle Malerei bis zur Konkreten Kunst erlebten in ihren Ausstellungen Unverständnis, Gelächter und Spott, aber auch Vandalismus und Zerstörung von Arbeiten.
Was macht die heutige Enkel- und Urenkelgeneration, also die Maler die hier vertreten sind?
Allen geht es noch immer um das abstrakte Bild, also um die körperliche Präsenz von Farbe, ihre Konsistenz und Substanz an sich ebenso wie die Art und Weise des Farbauftrags, den Gestus. Es geht vor allem um eine Reduktion auf wesentliche Elemente des Mediums. Wichtig scheint auch den Künstlern die emotionale Ausstrahlung und damit die Interaktion mit dem Betrachter zu sein.
Horst Keining - geb. in Hattingen, zunächst Studium der Ingenieurwissenschaften, dann das Studium der Malerei in Düsseldorf bei Erwin Heerich.
Seine roten Bilder von 1994 entstehen wie die meisten seiner Werke in Gruppen, sind so Ausdruck seiner systematischen Arbeitsweise.
Jedes der roten Bilder ist die Summe von übereinander gelegten Farbschichten: Weiß, Orange, Pariser Blau und zuletzt ein tiefes Karminrot – Schicht um Schicht aufgebracht. Er verdichtet auf den tiefroten Flächen mit heftigen und zugleich kalkulierten Pinselstrichen die Oberfläche in mehreren Arbeitsgängen zu einem strukturierten Geflecht. Der Pinselduktus ist nicht expressiv, er ordnet sich keinem erkennbaren System unter.
Über die Farbflächen zieht er am Ende mit einem Ölstift vertikale oder horizontale Linien, niemals diagonale. Sie verlaufen parallel zu den Bildrändern, deuten so eine Teilung der Farbflächen an. Dieses konstruktive Prinzip kennt man aus früheren Werkgruppen – den Zeichnungen, Kupfer- und Gummiplatten und den blaugrünen Arbeiten.
Die monochrome Farbfläche ist hierbei die Konstante, die Teilung die Variable der Serie.
Raymund Kaiser - Studium der Malerei an d. FH Köln, Fachbereich Design b. Prof. Franz Dank (Meisterschüler ), lebt und arbeitet in Köln.
Er stellt in seinen spiegelglatten Oberflächen mit seinem subtilen Farbauftrag in unzähligen Schichten tatsächlich Spiegel her, worin der Betrachter und die Umgebung Teil des Bildes werden. Die Spiegelungen verdecken und beeinflussen, modifizieren das Bild, die Malerei. Diese Wirkung, zu der Tiefe und Transparenz gehören verdankt sich der lasierenden unterschiedlichen Lackfarben, die Kaiser in langen Arbeitsprozessen auf dem liegenden Bildträger aufbringt.
In die Randbereiche bringt er am Ende opake, matte Farbmaterie auf, verteilt sie unterschiedlich, haptisch, sodass sich eine fast störende stabile Zone in die Spiegelung vordrängt, um den Illusionismus des Sehens im Spiegel eine monochrome stoffliche Farbigkeit entgegen zu setzen. In letzter Zeit benutzt er konsequenter Weise Spiegelplatten für seine Arbeiten und Installationen.
Icke Winzer
geb. 1937 in Berlin, studierte bei Bode in Kassel, lebte und arbeitete in Frankfurt, wo er 2013 starb.
Bekannt wurde er vor allem durch eine Einzelausstellung 1974 im Institute of Contemporary Art, London, die diesen kompromisslosen und unkonventionellen Künstler würdigte, gemeint war sei Umgang mit Malerei. Viele Einzelausstellungen folgten.
Seine Malerei zeichnet sich aus durch ihren Materialcharakter.
Arbeitet er mit dem Pinsel, tritt der feine Duktus in den Vordergrund. Geschieht der Farbauftrag dagegen mit dem Spachtel, sind die Spuren dieses Instruments deutlich zu sehen. Pinselstrich oder Spachtelzug bleiben, was sie sind, aus der Technik alleine entsteht nichts, was über sie hinaus weisen könnte, keine Gegenständlichkeit oder Illusion.
Ab 1990 setzte er den Spachtel zunehmend häufiger ein, auch für glatte Flächen. Betrachtet man die Bilder im Streiflicht, von der Seite, so erkennt man gut die Spachtelspuren, es entstehen je nach Auftrag Formen in der Fläche, Formationen, verschlossene und offene, erhabene oder vertieft in der Fläche. Aus der Art und Weise des Farbauftrags wächst und entsteht die Komposition, insbesondere bei den mehrfarbigen Bildern.
Peter Tollens – geb. in Kleve, Studium in Köln u.a. bei Stefan Wewerka.
Im Mittelpunkt des malerischen Interesses stehen bei ihm grundsätzlich zwei Aspekte von Farbe:
Zum einen die Farbe als Materie, Pigmente zusammen mit Bindemitteln,
aber auch der daraus entstehende Sinneseindruck: also wie entsteht ein Farbeindruck, wie entsteht eine Tiefenwirkung. Schaut man auf ein Bild von Tollens, ertappt man sich mit einem Blick ins Bildinnere – wie Schollen stoßen tiefere Malvorgänge durch die dominierende obere Fläche. Keiner seiner Bildkörper ist geschlossen, im Gegenteil ist man als Betrachter gefordert, die innere Farbanatomie zu erforschen.
Paco Fernandez – aus Gijon, Asturien
Farbe – Licht – Transparenz – sucht man nach Schlüsselbegriffen, die den Kern der Arbeiten von Paco Fernandez treffend beschreiben, so denkt man an Licht, Luft, Transparenz und Spiritualität. Seine Werke zeichnen sich durch ein fragiles Gleichgewicht zwischen malerischen Mitteln einerseits und der kompositorischen Anlage andererseits aus. Er arbeitet intuitiv, oft meditativ, dabei konzentriert er sich auf die Wirkung der ihm zur Verfügung stehenden Mittel: die Farbe, das Licht, den Malgrund, die Komposition. So erzielt er für sich einen reinen und intensiven Ausdruck.
Andreas Keil - geb. in Esslingen, Studium Akad. Karlsruhe, u.a. bei Horst Antes,
Kurator des Projektraums K634 in Köln.
Bei seinen Farbobjekten hat man einen ersten Eindruck, es mit komprimierten Farb-Raum-Kernen zu tun zu haben, auf die hin sich die umgebenden Wandflächen konzentrieren. Diese kleinformatigen Tafelbilder sind geprägt von intensiver
Beschäftigung mit dem Thema Farbe, auch einer minimalistischen Auffassung eines Gemäldes mit konzentrierter Materialität.
Trotz des kleinen Formats haben die Arbeiten eine ungeheure Strahlkraft.
Die Tatsache, dass es sich in der Regel um gefundene Holzstücke handelt, macht sie besonders kostbar. Andreas Keil installiert gerne in Räumen mehrere zu Gruppen, um ihre installative Wirkung am Ort zu untersuchen und zu steigern.
Caroline von Grone
C. von Grone lebt und arbeitet in Hamburg, sie ist Malerin durch und durch.
Studium an der GHK Kassel, HBK Braunschweig und am Ende in Düsseldorf u.a. bei Jan Dibbets und Klaus Rinke, Meisterklasse.
Lehraufträge in Pforzheim, Karlsruhe und in Kiel.
Viele ihrer Projekte macht sie vor Ort in der direkten Umgebung oder im Ausland.
In den letzten Jahren wurde sie bekannt durch ihre eigene Art der Portraitmalerei, die sie auch konzeptuell anlegte. Für sie ist Malerei auch visuelle Forschung, egal ob es der Abriss eines alten Wohnviertels ist, oder ein U-Bahnschacht, ein Blick auf eine Alltagsszene oder ein Naturphänomen.
Die Serie Weidenwasser entstand im Grenzbereich von Naturoberfläche und ihrer Abstraktion. Die herabhängenden Weidenäste mit ihrer Spiegelung im Wasser sowie die diffuse Wasserfläche dazwischen – der Künstlerin geht es um mehrere visuelle Ebenen, sie entlarvt das Abbild, indem sie die Illusion bewusst nicht wie in der Fotografie widergibt, sondern durch gezielte malerische Unschärfen und Störungen widergibt.
Dejan Saric - geb. in Serbien, Studium u. Meisterschule in Belgrad bei Stefabnovic, Gaststudium 98-02 in Düsseldorf u.a. Magdalena Jetelowa.
Er ist bekannt für seine Installationen und motorbetriebenen Klangskulpturen. In seinen Ausstellungen findet man immer auch klein- und großformatige Malereien, bei denen als Motiv ein Rastersystem aus sich kreuzenden vertikalen und horizontalen Linien und Streifen überwiegt. Diese legt er vielschichtig an, bei großen Formaten unter Anwendung einer mechanischen Apparatur, mit deren Hilfe die unterschiedlichen Pinsel und Farben über die Leinwand geführt werden. Es entsteht in ambivalenter Form Malerei und Zeichnung zugleich. Verblüffend ist die räumliche Tiefenwirkung zwischen den Streifen.
Manche Rasterbilder, zumal die kleinen Formate, entstehen aus Streifen alter bemalter Leinwände, die er zerschneidet und neu zusammensetzt. So kann ein Werk fließend in ein anderes übergehen, eine Idee gebiert die nächste – sozusagen ein Werk im ewigen Fluss.
Marta Guisande - geb. in Sevilla, lebt und arbeitet in Köln, Studium in Madrid, Beijing und Düsseldorf bei Gotthard Graubner (Meisterschülerin) und David Rabinowitch.
„Marta Guisandes Malerei ist eine Kunst sensibler Zwischentöne. Ihre Bilder sind vital, ohne expressiv zu sein, leise aber nicht lautlos, überlegt und durchdacht, aber nie streng konzeptionell“, so in einem Text von Justus Jonas Edel, 1997 im KV Braunschweig.
Von Beginn an war Marta Guisande der Dialog zwischen Farbauftrag und Stofflichkeit der Leinwand wichtig, das Gewebe bleibt erfahrbar, sichtbar, besonders wenn sie im alten Stil des Sgrafitto – kratzen – gemalte Schichten wieder abnimmt und mit neuen Lasuren überzieht. Das Alte ist dabei oft weniger zu sehen als zu erahnen. Man steht vor einer monochromen Fläche, die darunter liegende Bewegung erkennt man nur bei konzentriertem, sensiblen Betrachten.
Mank könnte auch sagen, dass Tiefe hier eher als geistige denn als sinnliche Kategorie erscheint – so Dr. Kai-Uwe Schmidt, Kunsthalle Erfurt).
Alfredo Alvarez Plagaro - geb. in Vittoria, Studium Bilbao, lebt in Madrid
Seine Identical Paintings - Cuadros Iguales – sind hier bereits einige Male gezeigt worden. Anstatt der bekannten länglichen Blöcke sind dieses Mal Malereien auf quadratischen Bildträgern zu sehen, die Hänge- und Änderungsmodifikationen bleiben die gleichen.
Seit 2003 benutzt Plagaro nicht mehr nur Ölfarben sondern trägt verdünnte Acrylfarbe auf einem sehr saugfähigen glatten Untergrund auf. Er konnte damit seine identischen Arbeitsschritte stark konzentrieren und verkürzen, so wurden auch große Installationen mit bis zu 100 Einzelelementen möglich. Alfredo zu seinem Konzept: „Das wichtige daran ist nicht, was es ist, sondern dass es mehrmals das ist, was es ist. Damit will ich sagen, dass die Wiederholung zum wichtigsten Motiv meines künstlerischen Wollens geworden ist“.
Zehn abstrakt malende Künstler fast 110 Jahre nach Malewitschs Schwarzem Quadrat, mit zehn unterschiedlichen Herangehensweisen, Techniken, Bildverständnis und Konzept, und dennoch bleibt die Abstraktion erhalten, obwohl die aktuelle Kunst viele auch bildhafte erzählerische Strömungen zeigt.
Künstler
Paco Fernandez, Caroline von Grone, Marta Guisande, Raymund Kaiser, Horst Keining, Andreas Keil, Alfredo Alvarez Plagaro, Dejan Saric, Peter Tollens, Icke Winzer.
Abb.: Marta Guisande o.T. (Fluß), 65 x 45cm, Öl auf Leinwand, 2012